Was ich an München vermisse
Last Updated on 10. Oktober 2023 by Julia Schattauer
Inhalt
Last Updated on 10. Oktober 2023 by Julia Schattauer
Ich gebe es mutig ganz offen zu: Als ich nach München zog, war ich nicht allzu begeistert. Ich komme aus der Pfalz und Bayern ist für uns nicht unbedingt die erste Wahl, wenn es um Wohnorte geht. Doch die Liebe brachte mich in die Stadt und ich habe mich schnell eingelebt, auch wenn die Liebe verging. Ich würde es als kleine Hassliebe, als Beziehung mit Neckereien, bezeichnen, wenn ich mich und München so betrachte. Mit all der bayrischen Tradition und dem Brauchtum konnte ich als Zugezogene nicht so viel anfangen und doch hat mich München immer mehr in seinen Bann gezogen.
Ich blieb fünfeinhalb Jahre, bis es mich weiter in die Ferne zog, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mir war es zu dieser Zeit zu eng, zu klein und ich wollte noch mehr sehen. Ich beendete mein Studium, kündigte meinen Bungalow im Olydorf und reiste nach Indien. Mittlerweile lebe ich in Berlin. Hier, wo alles so groß, so bunt, so laut und ultra hip ist, erscheinen mir die gelegentlichen Münchenbesuche wie Wellness. Ich genieße es, ein paar Tage in der alten zweiten Heimat zu verbringen. Und so frage ich mich im Rahmen der Blogparade von muenchen.de: Was vermisse ich an München?
Meine Antworten sind ganz subjektiv und zeigen wieder einmal, es sind in erster Linie die Menschen, die einen Ort so besonders machen. Aber auch ich habe ein paar Klassiker, die wohl alle nennen werden, denn sie machen München so liebenswert.
Meine Liebe: Olydorf
Ich schätze mich glücklich, dass ich nach der Sanierung des Studentenwohnheims im Olympiadorf ganz unverhofft einen Bungalow ergattern konnte. Drei Jahre lebte ich in 19 qm auf zwei Ebenen verteilt, inkl. Balkon. Ich liebte mein eigenes Häuschen, das mich immer ein wenig an Lego erinnerte. Auch wenn es beengt war und so einige Kuriositäten (Guckloch im Klo) aufweisen konnte, fühlte ich mich in meinem eigenen Reich pudelwohl. Jeder Bewohner darf seinen Bungalow außen anmalen, was ich natürlich auch gemacht habe und bis heute ziert eine Venedigmotiv seine Außenwände.
Der Bungalow war für mich die perfekte Mischung aus Studentenwohnheim, WG und alleine wohnen. Ich hatte viele Freunde, die nur ein paar Schritte entfernt wohnten, war quasi jeden Donnerstag im O’Connolly’s, trank Bier in der Bierstube, war zu Silvester auf der Dachterrasse und nahm alle Partys mit, die es im Olydorf zu feiern gab. Enge Freunde, Herzschmerz, Verliebtsein, Freiheit, Unbeschwertsein: All das verbinde ich mit dieser bunten Studentenwelt direkt am Olympiapark. Wenn ich jetzt nach dem Studium ans Olydorf zurückdenke, dann denke ich an diese Zeit als die wohl schönste meines bisherigen Lebens.
Ein großes <3 ans Olydorf und die Leute, die ich heute oft schrecklich vermisse.
Ein Hoch auf die Kunst: Pinakotheken
Ich werde jetzt nicht die Münchener und die Berliner Kunstwelt vergleichen wollen, aber eines vermisse ich definitiv an München: Mein Studentenausweis, der mir dank Kunstgeschichtestudium freien Eintritt in die staatliche Museen wie die Pinakotheken verschaffte. Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich die Neue Pinakothek besser kannte als den Inhalt meines Kleiderschrankes. Ich machte es mir zum Ritual mindestens einmal die Woche, eher öfter, kurz durch die Räume der Neuen Pinakothek zu gehen. Kurz Paris begrüßen, Goethe Hallo sagen und einen Blick auf eines meiner Lieblingsbilder von Fernand Khnopff werfen. Ich hasste es, wenn plötzlich ein Bild nicht mehr am gewohnten Platz war und freute mich, wenn ich es in einer anderen Ecke entdeckte. Diese kleinen Kunstspaziergänge vermisse ich in Berlin, wo ich dafür jedes Mal gute 10 Euro hinlegen müsste. Auch das Brandhorst, Lenbachhaus und vor allem das Haus der Kunst sind immer noch weit oben auf meiner Liste von Lieblingsmuseen.
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Livemusik: Die Münchener Metalszene
Ein Punkt in meinem Leben, der in München ein große Rolle spielte hat und in Berlin leider nicht mehr, ist die Live-Musik. Ich war in München fast jedes Wochenende auf einem Konzert von meinem Freund, guten Freunden und anderen lokalen Bands aus der Metalszene. Ich verbrachte unzählige Stunden im Backstage, im Feierwerk, oder im 8 Below. Ich habe wahnsinnig gute Bühnenshows gesehen, Freunde bejubelt und neue Bands entdeckt. Die Metalszene in München ist überschaubar, jeder kennt jeden und das macht sie aus. Wenn ich nicht auf einem Konzert war, war ich in den Metalkneipen. Ein bisschen quatschen, Freunde treffen, Bier.
In Berlin gibt es natürlich auch Live-Musik, doch wie vieles verstreut sich die Szene über die ganze Stadt, ist unübersichtlich und hat sich mir noch nicht so ganz erschlossen. Berlin ist davon abgesehen nicht gerade die Metalstadt. Hier hört man Elektro, was ja auch schön und gut ist. Doch da vermisse ich oft München, vor allem wenn ich bei Facebook Einladungen zu den Konzerten bekomme und gerne die 600 km im Null-Komma-Nichts überbrücken würde.
Ein Prosit: Gemütlichkeit
Es sind auch die typischen Dinge, die ich vermisse. Die, die einem sofort einfallen, wenn man München sagt: die Biergärten im Sommer beispielsweise. In Berlin gibt es zwar auch Biergärten und im Sommer super Plätze am Wasser, doch in München gestaltet sich der Sonntagvormittag im Biergarten doch ein wenig gemütlicher. Die Münchner zelebrieren ihren Biergarten. Was mich früher manchmal genervt mit den Augen rollen ließ, vermisse ich jetzt. Brotzeit, a Maß und unendlich viel Zeit. Daran denke ich gerne. Mir fehlt aber ganz einfach die frische Luft, das Flanieren durch Straßen, die so richtig hübsch sind, statt urban und zugetaggt mit Graffitis. Ich mag es, in München einen Gang runterzuschalten, alte Freunde zu treffen und im Glockenbachviertel einen Kaffee zu trinken. Durch den Englischen Garten spazieren oder am Nymphenburger Schloss. Eine Pizza im Santo Anger, Picknick am Olympiaberg oder Grillen am Flaucher. Ach, München.
München ist stolz, eigen, speziell und ganz ehrlich: nicht jedermanns Ding. Das gleiche könnte ich allerdings auch in ähnlicher Weise über Berlin sagen. München und Berlin sind grundverschieden und das Problem und gleichzeigt das Schöne ist: In beiden Städten liebe ich gewisse Dinge und hasse zugleich andere. Natürlich vermisse ich immer das, was ich gerade nicht habe. Nach ein paar Tagen München, schlendern durch den Hofgarten, Besuch im Englischen Garten, da freue ich mich auch wieder auf das urbane Berlin, den rauen Charme, all die beschmierten Wände und günstiges Essen. Zwei Seelen in meiner Brust, ihr wisst schon…
9 Kommentare
Katja vom WellSpa-Portal
Liebe Julia,
wie schön, dass ich über die Blogparade zu München, auf deinen tollen Blog gestossen bin.
Liebe Grüße
Katja
Julia Schattauer
Liebe Katja,
danke dir für deinen Kommentar. Freut mich, dass es dir hier gefällt 😉
Liebe Grüße!
Laura Mameli
Liebe Julia,
ich kann total verstehen was dir an München fehlt! Ich bin da aufgewachsen, musste dann aber wieder in meine Heimat und vermisse die Stadt immernoch.. Ich hab auch ein Jahr in Berlin gewohnt, wo es auch sehr Spaß gemacht hat aber München ist einfach eine Herzenstadt!! Zum Glück werde ich aber bald wieder da leben, weil ich meinen Master anfange. Wie lustig. Ich studiere auch Kunstgeschichte! 🙂 jetzt studiere ich in Köln aber ich werde nach München ziehen, weil es mir hier nicht gefällt. Würdest du deinen Msterstudium in München weiterempfehlen?
und Metal hör ich auch! 😀
Viel Spaß dir in Berlin! Wird da bestimmt auch gut!
LG Laura
Julia Schattauer
Hi Laura,
ich habe noch Magister studiert, was sehr toll war. Zum Masterstudiengang weiß deshalb leider nicht viel. Aer ich denke, d machst das schon richtig, wenn du deinem Herzen folgst!
Alles Gute!
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Chris | Wolfsgezwitscher
Die Pfalz und München – da gibt es doch Überschneidungen durch die Geschichte bedingt. Ich hatte mich aus der Pfalz kommend für Berlin entschieden und habe München nur aus Sicht von Metal-Konzerten (Kylesa und Converge) erlebt. Einer meiner Homeboys von früher ist in München gelandet und spricht meist liebevoll-ironisch von „hier auf dem Dorf“, wenn er München meint.
In Berlin gibt es doch auch jede Menge Metal – etwa im Berghain unter der Woche oder im Cassiopeia. Zu meinem Abschied nach 15 Jahren aus Berlin hatte ich mir dort Kreator und Sodom angesehen. Kann man ja mal machen.
Ups. Ich bin im „Lebensgeschichte erzählen“ -Schwadronier-Modus gelandet. Schnell abschalten. Großartiger Blogpost jedenfalls!
Julia Schattauer
Liebe Chris,
yeah, da gibt es ja tatsächlich einige Überschneidungen. Mittlerweile hab ich in Berlin ein paar ganz tolle Konzerte erlebt, vor allem in der Berghain Kkantine oder dem Schokoladen. Trotzdem fehlt mir ab und an die Münchner Gang.
Danke für deinen Kommentar!
Rock on 😉
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