Faszination Vulkan: Fotografin Ulla Lohmann
Last Updated on 12. Mai 2021 by Julia Schattauer
Inhalt
Last Updated on 12. Mai 2021 by Julia Schattauer
Ulla Lohmann ist in Enkenbach-Alsenborn aufgewachsen. Heute fühlt sie sich an vielen Orten zu Hause. Mit einer gehörigen Portion Abenteuerlust, Wagemut und Durchhaltevermögen hat sie es zu einer der erfolgreichsten Fotografinnen gebracht. Für National Geographic, Stern, GEO und andere hochrangige Magazine fotografiert sie aktive Vulkane und indigene Völker. Mit ihrem Ehemann Basti reist sie dafür im Team um die Welt.
Ulla, du bist erfolgreiche Fotografin und Dokumentarfilmerin. Wie ist es dazu gekommen und wie ging es weiter?
Als ich 18 Jahre alt war, machte ich meine erste Weltreise, die ich mir durch den Bundessieg bei Jugend forscht ermöglichen konnte. Währenddessen habe ich jeden Monat drei, vier Doppelseiten im Regionalmagazin Willi veröffentlicht und das zwei Jahre lang. Das waren damals je 400 Mark. So konnte ich meine Reise um einige Monate verlängern. Später bin ich zu National Geographic gekommen, die als meine Bildagentur fungieren. Von National Geographic habe ich auch ein Forschungsstipendium bekommen, mit dem ich auf Expedition in Papua-Neuguinea war, um Mumien zu erforschen. Mittlerweile wurde ich sogar in den New York Explorers Club gewählt. Das ist eine Vereinigung berühmter Eroberer und Entdecker. Darunter Ronald Amundsen, Neil Armstrong oder Reinhold Messner. Der Sinn und Zweck des Explorers Clubs ist, Expeditionen zu finanzieren, die weiße Flecken auf der Landkarte mit Farbe füllen sollen.
Wie bist du überhaupt zu National Geographic gekommen?
Kurioserweise als Köchin! Bei meiner ersten Weltreise wollte ich unbedingt einen aktiven Vulkan sehen und bin dafür auf die Südseeinsel Vanuatu gereist. Zu dieser Zeit war auch ein Team von National Geographic vor Ort, das ich kurzerhand gefragt habe, ob sie vielleicht einen Koch für die Reise brauchen können. Das hat dann auch geklappt. Die Expedition wurde fotografisch begleitet und ich war auf einem Foto, das im Magazin abgedruckt wurde. Als die Bildlegenden verifiziert werden mussten, hat die Autorin mit mir Kontakt aufgenommen und nebenbei erwähnt, dass ich sie doch mal besuchen solle, wenn ich in Washington bin. Ich habe sie dann wirklich besucht und dabei realisiert, dass es vom Koch zum Fotografen ein weiter Weg ist. Doch der erste Schritt war getan.
Was muss man mitbringen, um Profifotografin zu werden?
Durchsetzungsvermögen, Ausdauer und den Willen, harte Arbeit zu leisten! Der kreative Teil der Arbeit ist der kleinste, er beträgt nur etwa fünf Prozent und da zählt die Nacharbeit am Computer schon dazu. Der Rest ist Organisation, Social-Media, Vermarktung, Messen, Klinken putzen bei Redaktionen und vieles mehr. Um durchzuhalten, braucht man eine große Portion Leidenschaft. Meine Erfahrung hat mir gezeigt: Am wichtigsten sind die Geschichten: Jedes gute Bild braucht eine noch bessere Geschichte dahinter!
Verdienst du deinen Lebensunterhalt nur durch deine Arbeit als Fotografin?
Das Zauberwort heißt „mehrgleisig“! Als Team decken Basti und ich alles ab. Ich habe Dokumentarfilme als Regisseurin, Kamerafrau oder Produzentin gemacht. Zusammen können wir 360°-Aufnahmen, Drohnenfotografie oder 3D-Scans anbieten. Dazu kümmern wir uns die ganze Produktion, Logistik, Bergführerei und Sicherheit vor Ort.
Apropos Team: Wo habt ihr euch kennengelernt?
Wir haben uns in Bad Tölz in der Kletterhalle kennengelernt, wo Basti als Trainer gearbeitet hat. In meiner Wohnung gab es damals keine Dusche und so kam ich zum Duschen in die Kletterhalle. Basti stand damals vor der Entscheidung, bei Lufthansa Pilot zu werden. Und ich überlegte, ob ich dauerhaft in den Südpazifik gehe und mich dort als Tauchlehrerin und Geschichtenerzählerin verdinge. Da ich seit dem Abitur aber nicht mehr in Deutschland gelebt habe, wollte ich das vorher noch für eine Zeit ausprobieren. Aus geplanten drei Monaten wurden sechs. Irgendwann war dann klar, dass aus Basti kein Pilot und aus mir keine Tauchlehrerin werden wird. Stattdessen wollten wir zusammen leben und arbeiten. Heute macht Basti Filmtechnik und Logistik, ich bin fürs Kreative und das Reden auf den Vorträgen zuständig.
Du warst schon an vielen Orten. Du hast zum Beispiel in Australien Umweltmanagement studiert. Ihr bietet außerdem Reisen für Fotobegeisterte an, meistens nach Papua-Neuguinea und Vanuatu. Was begeistert euch dort?
Papua ist ein absolut ungewöhnliches Land mit extremen Kontrasten, einzigartigen Bewohnern und einer ungewöhnlichen Tierwelt. Es gibt kaum touristische Infrastruktur. Die Leute dort sind sehr ehrlich und emotional. Das kann schon einmal zu brenzligen Situationen führen, gerade in Verbindung mit Alkohol. Man muss einfach ein paar Grundregeln einhalten wie zum Beispiel in Sachen Kleidung. Oben ohne ist kein Problem, aber wehe, du zeigst als Frau deine Oberschenkel oder die Hüfte. Mittlerweile sprechen wir beide die Kunstsprachen Pidgin und Bislama, die von den Missionaren eingeführt wurden und deshalb nicht ganz so schwierig sind. Ohne diese Sprachkenntnisse wären unsere Reisen so nicht möglich. Man muss sich wirklich mit der Kultur auskennen. Es gibt so viele Tabus, die man versehentlich verletzen kann. Um das echte Papua zu erleben, muss man seine Komfortzone verlassen. Statt im Hotel, wohnen wir mit unseren Gästen in den Dörfern und ermöglichen ihnen den Kontakt zu den Einheimischen und somit einen Einblick in das originale Papua-Neuguinea.
Indigene Völker und aktive Vulkane sind deine Hauptthemen. Wie gehst du mit gefährlichen Situationen um?
Unsere Arbeit ist gefährlich, aber es ist relativ kalkulierbar. Wir arbeiten immer sehr eng mit Experten wie Vulkanologen zusammen. Basti hat Geologie und ich Geographie studiert, wir kennen uns also aus. Wir beobachten die Vulkane vorher ausgiebig und gehen keine unnötigen Risiken ein.
Welche Ziele gibt es, was eure Arbeit und Reisen anbelangt?
Wir wollen unbedingt zum Erebus. Das ist ein aktiver Vulkan mit Lavasee mitten in der Antarktis. Diese Expeditionen sind wahnsinnig teuer und man braucht die Unterstützung der Amerikaner, die dort eine Forschungsstation betreiben. Deshalb hoffe ich, dass mich die Aufnahme in den Explorers Club eines Tages dort hinbringt.
Ihr seid Dauerreisende. Wo macht ihr eigentlich Urlaub?
Wenn wir Zeit haben, sind wir total gern zu Hause, südlich von München. Ich arbeite im Garten, danach fahren wir mit dem Fahrrad um den Starnberger See oder gehen Klettern in den Alpen. Also eigentlich sehr unspektakulär.
Welche Rolle spielt die Pfalz für dich und was bedeutet dir Heimat?
Ich bin immer noch sehr gerne und oft in der Pfalz, ich bin sogar noch dort gemeldet. Ich fühle mich da einfach wohl, habe hier Familie und viele Freunde. Wir nutzen auch häufig das Freizeitangebot und gehen zum Beispiel gerne im Dahner Felsenland klettern. Heimat ist für mich aber nicht nur der Ort, wo ich herkomme, sondern immer auch da, wo ich gerade bin. Mir fällt es immer wahnsinnig schwer, von da aufzubrechen, wo ich gerade bin, Ein Leben müsste 1000 Jahre haben, damit ich länger an den Orten verweilen könnte, an denen ich mich wohlfühle.
„Abenteuer Europa“
Das neueste Projekt führt die beiden Abenteurer gar nicht so weit in die Ferne. Das Ziel der aktuellen Reise ist es, von jedem europäischen Land den jeweils höchsten Berg innerhalb einer neuen Rekordzeit zu besteigen. Jeder Berg wird vom letzten Punkt der Zivilisation aus eigener Kraft ohne technische Hilfsmittel bestiegen. In jedem Land sind Menschen vor Ort, die sich für ihre Umwelt einsetzten, denn „Abenteuer Europa“ soll zum nachhaltigen Umgang mit der Natur anregen. Das Ehepaar reist dabei mit dem Camper durch Europa und hat unterwegs ihr erstes Kind bekommen. Mitte Juni 2018 kam Söhnchen Manuk, der nach einem indonesischen Vulkan benannt wurde, auf die Welt. Doch wer denkt, dass es nach der Geburt des Kindes ruhiger zugeht, täuscht. Kaum vier Monate auf der Welt, war der Kleine mit seinen Eltern schon in über 15 Ländern, bei Fotoworkshops, Shootings und Interviews dabei und auf den Gipfeln von sechs Bergen.
Auf www.ullalohmann.com finden sich alle Vortragstermine sowie die Workshops und Expeditionsreisen. Auch ein Blick auf den Facebook- und Instagram-Account von Ulla Lohmann lohnt sich.
„Ich mach das jetzt: Meine Reise zum Mittelpunkt der Erde“
Ulla Lohmann Buch „Ich mach das jetzt: Meine Reise zum Mittelpunkt der Erde“ nimmt den Leser mit auf eine atemberaubende Reise. Es ist der persönliche Weg einer unerschrockenen jungen Frau und gleichzeitig die Reise zu den lebensfeindlichen Orten der aktiven Vulkane. Es ist eine Mischung aus Mut, Unerschrockenheit und einem Quäntchen Glück, die Ulla voranbringt. Von der Backpackerin wird sie zur Köchin, die nicht einmal kochen kann, um wenig später eine der erfolgreichsten Fotografinnen weltweit zu werden. Das Buch ist für all diejenigen das Richtige, die große Träume haben und vielleicht einen kleinen Anstupser brauchen oder ganz einfach Fans von unglaublichen Geschichten sind. Erschienen im Benevento-Verlag, 24 €.
Dieser Artikel ist für die Printausgabe 2018/2 von „Krawwelkatz. Das Magazin für Rheinland-Pfälzer“ erschienen.
Ein Kommentar
Pingback: