Israel: Ein Land, viele Meinungen
Last Updated on 23. März 2023 by Julia Schattauer
Inhalt
Last Updated on 23. März 2023 by Julia Schattauer
„Ich reise nach Israel“, ein Satz der Reaktionen hervorruft, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Es war alles dabei: Von besorgten und leicht verärgerten Warum-Fragen meiner Mutter („und dann auch noch allein? Mensch, Julia…“) über „wow, ich will da auch hin“ bis zu Tipps, welcher Schnaps der günstigste und beste ist und wo man in Tel Aviv so richtig feiern kann. Israel ist kein Land wie jedes andere, und jeder hat seine eigene Meinung dazu. Selten war ich so gespannt auf ein Land und so aufgeregt wie jetzt vor Israel. Am Donnerstag geht es los, endlich.
Ich bin gespannt auf diesen Schmelztiegel an Kulturen und Religionen, auf die Sin City Tel Aviv und die Landschaft, die mich erwartet. Ich frage mich, ob ich mich wohl fühlen werde oder ob ich in unangenehme Situationen gerate. Ich hoffe, dass Ein- und Ausreise nicht zu anstrengend wird und ich hoffe auf tolle Menschen und Aha-Momente.
Die vielen Reaktionen, das große Interesse und die so unterschiedlichen Eindrücke von Familie und Freunden haben mich neugierig gemacht. Wie war das bei anderen Israel-Reisenden so? Was haben diese vorab zu hören bekommen, was erwartet und was erlebt? Kurzerhand habe ich einfach nachgefragt und tolle Antworten bekommen.
TravelSportEve
Eve von TravelSportEve reist aktiv und sportlich um die Welt. Sie nimmt an Wettkämpfen teil und liebt das Abenteuer. Was sie in Israel erlebt hat? Das erzählt sie hier:
Vier Tage ging es für mich nach Tel Aviv. Freitag Nacht bis Dienstag Abend flog ich zusammen mit meinem Kumpel nach Israel. Die Reaktionen unserer Freunde waren wirklich krass.
„Was du fliegst nach Israel? Ist das da sicher?“ – „Klar… bombensicher.“ kam als Antwort nicht immer so gut an.
In den vier Tagen erkundete wir Tel Aviv und Jerusalem und unternahmen eine Tour zum roten Meer. So heftig wie in Tel Aviv gefeiert wird, so gegensätzlich dient Jerusalem dem Judentum. Alles, was wir erlebten hinterließ einen bleibenden Eindruck. Doch am heftigsten fand ich die Sicherheitsvorkehrungen in dem Land.
Wir flogen übers Wochenende. Am Sonntag nahmen wir den Zug von Tel Aviv nach Jerusalem. Der Sonntag ist in Israel der Wochenstart. Den 7:30 Uhr Zug herauszusuchen, stellte sich als erlebnisreiche Erfahrung heraus.
Bereits vor Betreten des Bahnhof kam die Frage vor der Sicherheiteskontrolle: „Do you have any weapons?“ Wir waren ganz verdutzt. Wir haben doch keine Waffen, aber das ist in Israel ganz normal.
Am Bahnsteig trafen wir auf junge Soldaten, die mit ihren Uniformen und Reisetaschen auf dem Weg zu ihren Kasernen waren. Behangen mit Maschinengewehren stiegen sie mit uns in den Zug. Für uns der blanke Horror. Das Abteil und wie sich herausstellte der ganze Zug war voller Soldaten.
Der junge Kerl neben mir spielte mit seinem Magazin, als wäre es das natürlichste auf der Welt. Für ihn sicherlich, wir mussten öfter tief durchatmen und den Gedanken schnell verlieren, was passieren würde, wenn so ein Ding losgeht.
Die Ausreise ist krasser als die Einreise. Bei der Ankunft wurden wir bereits gefragt, warum wir nach Israel reisen und wie lange wir bleiben, aber bei der Ausreise, sollte man sich viel Zeit nehmen. Wir richteten uns darauf ein und waren drei Stunden vor Abflug am Flughafen, auch wenn wir nur mit Handgepäck unterwegs waren.
Als erstes wurden wir separat befragt. Weil wir kein Pärchen waren, mussten wir getrennt voneinander unsere Reisepässe vorzeigen und erzählen, warum wir in den Ländern waren, aus welchen wir Stempel in unseren Pässen hatten. Meine Befragungen waren human, doch mein Kumpel berichtete, wie er fast seine komplette Lebensgeschichte erzählen musste. Gerade die Fragen über die Aufenthalte der islamischen Länder gingen extrem in die Tiefe.
Die zweite Hürde bereitete die Sicherheitskontrolle. Ich wurde direkt als ausländisch identifiziert und musste in die Wartereihe. Während andere einfach ihr Handgepäck auf das Band legen durften, musste ich mich setzen und warten. Nach 10 min wurde ich gerufen und durfte alles auspacken. Mein Rucksack wurde komplett auseinander genommen, alles doppelt und dreifach gescannt. Das ganze Prozedere dauerte wirklich lange. Wenn man normale Abfertigungen kennt, kann man hierfür dreimal so viel Zeit einplanen.
Wir haben es gerade noch rechtzeitig durch die Kontrollen zum Abflug geschafft. Allerdings berichtete mir eine Mitreisende, dass sie das jedes Mal erlebt, wenn sie rechtzeitig vor Ort ist. Wenn man spät dran ist, gehen die Kontrollen wohl schneller. Riskieren würde ich es aber nicht.
We2ontour
Die beiden Frauen von we2ontour sind Mutter und Tochter. Seit über 13 Jahren reisen sie gemeinsam um die Welt. Ganze 39 Länder auf 4 Kontinenten haben sie schon bereist. In Israel waren die beiden 2014. Was sie erlebt, wie sie sich gefühlt haben und was sich nicht empfehlen können, haben sie mir verraten.
Für viele ist Israel ein Land, dass sie niemals bereisen würden, ein Land, das nicht sicher ist, ein Kriegsland, in dem ständig irgendwo irgendetwas explodiert, ein Land von dem unsere Medien ausschließlich negativ berichten.
Wir waren 2014 10 Tage allein in Israel unterwegs und haben uns (mit einer Ausnahme, einem Abstecher nach Hebron ins Westjordanland) nicht nur sicher, sondern auch wohl gefühlt.
Man sollte sich vor der Reise jedoch bewusst machen, dass Israel ein sehr hohes Bedürfnis nach Sicherheit verspürt. Pass- und Gepäckkontrollen an Flughäfen, Bahnhöfen, Busstationen, Supermärkten und Shops sind gang und gäbe und gehören zum Alltag dazu. Abhalten lassen sollte man sich davon und von anderen Warnungen nicht. Wir haben bisher nur wenige Länder bereist, die so unfassbar vielschichtig und facettenreich sind.
Wir haben Israel als ein offenes und sehr gastfreundliches Land kennen und lieben gelernt. Das kleine Land zwischen Mittelmeer und Jordan hat so einiges zu bieten: eine krasse historische Geschichte, faszinierende Kultur, sensationelle Landschaften und sogar drei Meere (Mittel, Rot & Tot).
Wir hatten leider nur 10 Tage Zeit, um das Land ein wenig kennenzulernen und hier kommen unsere 4 Empfehlungen, was man nicht verpassen sollte, sowie eine „Empfehlung mit Vorbehalt“:
Bei einer Reise durch Israel sollten die beiden großen Städte Tel Aviv und Jerusalem auf keinen Fall fehlen.
Tel Aviv ist eine junge, sehr hippe und moderne Stadt mit tollen Stränden, vielen Shops, einer wunderschönen Promenade und einem abwechslungsreichen Nachtleben. Besonders der alte Stadtteil Jaffa ist einen Besuch wert. Heißer Tipp: Das weltbeste Hummus bei Abu Hassan in Jaffa probieren.
Jerusalem dagegen ist eine der ältesten und faszinierendsten Städte der Welt. In der „Heiligen Stadt“ treffen drei Weltreligionen aufeinander und gestalten das Stadtbild unglaublich abwechslungsreich und aufregend. Fast alle Highlights befinden sich innerhalb der Mauern der Altstadt: Klagemauer, Tempelberg, Grabeskirche und die verwinkelten Gassen der Märkte.
Auch das Tote Meer sollte jeder einmal besucht haben. Sich einmal auf dem Toten Meer treiben lassen und 400 Meter unter dem Meeresspiegel baden, ist ein einmaliges Erlebnis, welches man so schnell nicht wieder vergessen wird.
Ein ganz besonderes Highlight unserer Reise war der Besuch der Felsenfestung Masada. Wir sind am frühen Morgen über den legendären Schlangenpfad hinauf zur Festung gestiegen, um dort den Sonnenaufgang über dem Toten Meer zu erleben. Auch wenn der Aufstieg anstrengend und sehr schweißtreibend war, das atemberaubende Farbenspiel vor unglaublicher Kulisse, war sehr beeindruckend und entschädigte für alles.
Einen Abstecher ins Westjordanland, können wir nur mit Vorbehalt empfehlen. Unser Besuch in Hebron, der geteilten Stadt mitten in der Westbank und palästinensisches Autonomiegebiet, hat uns tief bewegt und sehr nachdenklich gemacht. Falls du dies vorhast, solltest du dich vorab auf jeden Fall sehr gut über die aktuelle Sicherheitslage informieren.
North Star Chronicles
Miriam von North Star Chronicles ist Archäologin und Teilzeitreisende. Ihr Herz schlägt für fremde Kulturen, Geschichte und Archäologie, kein Wunder, dass das Israel nicht fehlen durfte. Sie hat mir einen Text geschickt, der hinter die große Mauer führt: Ins Westjordanland.
Ein Besuch im Westjordanland
Die „Operation Protective Edge“ war gerade einmal sechs Wochen beendet, als wir 2014 nach Israel reisten. Andere Länder würden nach solch einer Militäroperation wahrscheinlich einen Einbruch im Tourismus erleben, Israel nicht. Zumindest ist uns das nicht so vorgekommen. Israel war voll. Voller Touristen, voller Gläubiger aus aller Welt, voller Pilger.
Die wenigsten Menschen, die Israel besuchen, wagen jedoch auch einen Blick hinter die große graue Mauer, die Israel vom Westjordanland trennt.
Kann man in so einer angespannten Zeit in die Westbank reisen? Sollte man? Ja, man kann und man sollte. Allerdings sollte man das bei der Einreise nach Israel möglichst nicht erwähnen. Es ist zwar für Touristen nicht verboten, wird aber natürlich nicht gerne gesehen.
Ursprünglich wollten wir auf eigene Faust durch die Checkpoints, haben es aber dann gelassen, da es mit der Autovermietung zu kompliziert wurde. Man kann nämlich nicht mit einem in Israel gemieteten Wagen über die Grenze fahren und umgekehrt geht das ganze Spiel auch nicht bzw. nur sehr umständlich.
Es gibt aber sehr gute Tourenanbieter, die es einem ermöglichen einen Blick hinter die berüchtigte Mauer zu werfen und das Leben und die Kultur der Palästinenser besser kennen-und verstehen zu lernen. Das Westjordanland ist anders. Hier ist der Nahe Osten, so wie wir ihn uns vorstellen, noch zu spüren. Israel, und allen Städten voran Tel Aviv, ist dagegen fast schon zu europäisch.
Das Westjordanland hat touristisch einiges zu bieten. Man denke nur an die Geburtskirche Jesus Christis in Bethlehem, die so oft genannte „älteste Stadt der Welt“ Jericho, das Tote Meer oder auch die Höhlen von Qumran, in denen die berühmten Schriftrollen des antiken Judentums gefunden wurden.
Die meisten Besucher kommen aber auch, um etwas über Konflikte zu lernen, und wo könnte man das besser als in diesem Gebiet, welches schon sehr lange von Juden, Christen und Muslimen besiedelt wird und in dem es leider auch immer wieder zu Auseinandersetzungen der Religionen kommt. Man kann hautnah erleben, was es heißt durch einen der zahlreichen Checkpoints fahren zu müssen und bekommt beim Besuch eines Flüchtlingscamps einen Eindruck der Lebensumstände zahlreicher Palästinenser.
Bei einem gemeinsamen Mittagessen mit einer palästinensischen Familie zum Beispiel, bekommt man einen guten Einblick in das alltägliche Leben und trägt somit auch zum kulturellen Austausch bei. Alles das haben wir auf unserer Tour nach Bethlehem und Hebron erfahren dürfen. Eine Tour, die mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist und die ich bereits auf meinem Blog verarbeitet habe.
Ich denke, vielen Reisenden ist es gar nicht so bewusst, welche kulturellen Schätze auf der anderen Seite der Mauer liegen und nur darauf warten Beachtung zu finden. Auch wenn dieses graue Ungetüm touristisch mittlerweile zum Magneten geworden ist, auch dank des Graffiti-Künstlers Banksy, so stellt sie für die Mehrheit der Einwohner der Westbank ein unüberwindbares Hindernis zu einem besseren Leben dar.
Deshalb wäre mein Tipp, bei jeder Israel Reise auch eine Tour ins Westjordanland einzuplanen, denn die Menschen dort freuen sich über Touristen und Reisende, die auch ihr Fleckchen Erde kennenlernen wollen.
Jäger und Sammler
Berlin, München und den Rest der Welt. Janina schreibt auf Jäger und Sammler, gemeinsam mit Mitstreiterin Linda, über ihre kulinarischen Reisen und Abenteuer. Was Israel kulinarisch zu bieten hat? Das, und was sie sonst erlebt hat, will uns Janina nicht vorenthalten:
Israel, nur 5 Tage Urlaub und das Ziel, so viel wie möglich von diesem wunderschönen und spannenden Land zu sehen. So in etwa könnte man meinen kleinen Trip ins Heilige Land beschreiben.
Aufgeregt setze ich mich am Flughafen in den Mietwagen. Unser erstes Ziel: die Wüste Negev. Unser erste Nacht führt uns nach Mitzpe Ramon, etwa 2 Autostunden von Tel Aviv entfernt. In der israelischen Kleinstadt gibt es nichts, wenn man von einem 40km breiten Wüstenkrater und etwa 200 Katzen absieht. Allerdings steht hier das Beresheet Hotel, das wohl bekannteste Hotel des Landes – leider etwas zu teuer für unseren Geldbeutel.
„Warum wir eigentlich hier sind?“, will unsere Hostelbetreiberin nach unserer Ankunft etwas ungläubig wissen. „Wir wollten auch was anderes sehen, nicht nur Stadt,“ antworten wir. So ganz überzeugt ist sie nicht. Was an einem Wüstenort am A**** der Welt für Mitteleuropäer aufregend ist, kann eine Einheimische wohl nur schwer nachvollziehen. Selbst wenn sie ein Hostel betreibt.
Fast alle Gäste kommen aus Deutschland. Die meisten sind zum Wandern hier. Der Weg hierhin war schon ein echtes Abenteuer. Wir passieren Beduinenstädte, Kinder treiben auf Eseln ihre Ziegen ein. Kamele laufen auf den Straßen. Die Schilder warnen vor Feuerschusszonen des Militärs. Beeindruckend und befremdlich, irgendwo dazwischen.
Am nächsten Tag bestaunen wir im Nieselregen den riesigen Wüstenkrater und schlendern durch das verlassene Städtchen. Es gibt einen Supermarkt und 3 Bistros, alles hat zu, es ist Sabbat. Überall liegt Müll: Leere Flaschen, benutze Hygieneartikel, leere Verpackungen. Auf dem Trimm-Dich-Pfad in der Dorfmitte treibt ein Bewohner eisern sein Sportprogramm auf den rostigen, quietschenden Geräten. Ansonsten begegnen uns nur Katzen. Streicheln lassen sie sich nicht, macht man hier wohl nicht. Es ist furchtbar trostlos. Ich mag es.
Am nächsten Morgen setzen wir uns in Auto, um eine Ziegenfarm in der Nähe von Sede Boker zu besuchen. Etwa 40 Minuten später erreichen wir die Kornmehl Farm. Mit letzter Kraft fährt unser angeblich brandneuer Mietwagen die extrem steile und holprige Auffahrt hoch. Die Schlaglöcher sind gewaltig, der erste Eindruck der Farm ist eher so mäßig – leere Ziegenställe und rostige Silos. Allerdings stehen extrem viele Autos auf dem Parkplatz, was uns hoffen lässt. Wir stolpern in eine kleine Holzhütte, die Platz für etwa 20 Gäste bietet – gerappelt voll. Es riecht fantastisch.
Vor uns stehen zwei bewaffnete Soldaten in der Schlange. Ein ungewohnter Anblick für mich, ich werde mich in Israel bald daran gewöhnt haben. 5 Minuten später sitzen wir auf Holzbarhockern und erfahren im englischen Menü einiges über die Geschichte der Farm. Anat und Daniel Kornmehl haben Agrarwissenschaften studiert und Ende der 90er Jahre die Kormehl-Farm gegründet. Expertise in der Käserei erlernten sie in Israel und in Frankreich. Erfahrung und Qualität zahlt sich aus.
Das Essen ist schlichtweg fantastisch. Es gibt hier vieles: Gefüllte Brote mit Käse und Gemüse, Käseplatten, kleinere Vorspeisen, Salate und Nachspeisen. Wir bestellen gefüllte Mini-Paprika, warmes Brot mit Ziegenfrischkäse und zum Nachtisch Knafeh. Letzteres ist ein milder Ziegenkäse, in Engelshaar gehüllt, und mit viel viel Pistazien. Der Weg in die Pampa hat sich mehr als gelohnt. Macht unbedingt einen kurzen Stopp, falls ihr in der Nähe seid.
Wart ihr auch schon in Israel? Wie haben eure Lieben reagiert? Oder wollt ihr schon lange nach Israel, traut euch aber nicht? Schreibt eure Erfahrungen in die Kommentare, ich bin neugierig!
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