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Kolumnen,  Ortsunabhängig

Wieso ich wegen eines Festivals meinen Job gekündigt habe

Last Updated on 12. Mai 2021 by Julia Schattauer

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„Kommst du mit aufs Summer Breeze?“ Diese Frage ist schuld daran, dass ich Ende Juli meinen Job los bin und daran, dass ich meinem Traum ein ganzes Stück näher bin.

Ich bin heute aus dem Krankenhaus entlassen worden. Jetzt sitze ich so da, mit bandagierten Füßen, hundemüde und absolut glücklich. Ihr versteht nur Bahnhof? Also erst einmal von vorne.

Ich habe mir meine „Karriere“ nach dem Studium anders vorgestellt. Praktikum, Volontariat, eine Stelle bei einer Zeitschrift, das wäre mein Plan gewesen. Doch nach dem Praktikum hat es gehakt. Aus dem Übergangsjob wurden eineinhalb Jahre. Pressespiegelerstellerin, Montag bis Freitag zwischen 5:30 und 10 Uhr. Die Kollegen sind nett, das Geld kommt regelmäßig, alles in allem ein eigentlich angenehmer und bequemer Job. Natürlich schrieb ich immer wieder Bewerbungen, auf diese kamen meist nur Absagen. Also wieso gehen. Doch jeden Tag zwischen halb fünf und fünf aufstehen macht müde. Ich hatte mir die ersten Jahre in Berlin ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt. Ich muss unter der Woche nicht die Nacht zum Tag machen aber im Sommer einmal ins Open-Air-Kino nebenan zu gehen, was um 21:45 anfängt, das sollte doch schon drin sein.

Momentan werden alle erst langsam wach, wenn ich Feierabend habe, treffen sich abends erst alle, wenn ich schlafen gehe. Das hatte ich mir für dann ausgemalt, wenn ich mal Kinder habe.

Mit etwas Geduld wird schon der richtige Job kommen. In einer Agentur vielleicht oder im Museum, Öffentlichkeitsarbeit. Ich konnte mir immer mehr vorstellen und gleichzeitig verlor ich meinen Fokus. Was wollte ich eigentlich genau?

„Wie geht es bei dir jetzt eigentlich beruflich weiter“, fragte mich neulich ein Freund. Ich setzte an mit den Standardantworten: Ich bin auf der Suche. Wie immer. Ich suche nach anderen Jobs, damit ich nicht mehr so früh aufstehen muss. Aber wie lange suche ich schon, rechne hin und her und schaue, wie ich auch ohne diesen Job über die Runden kommen könnte.  „Und was willst du eigentlich machen, ich meine so wirklich?“, ich redete ein bisschen hier und da und merkte, dass ich keine Antwort geben konnte.

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Da war sie wieder, die große Frage, was will ich im Leben eigentlich?

Alles was ich wusste war, dass ich so nicht weitermachen wollte. Und vor allem wollte ich nicht ewig warten. Auf den richtigen Job, auf eine Chance, auf eine bessere Zeit.

Denn, wenn ich ehrlich bin, dann wollte ich all diese Jobs nie, auf die ich mich beworben habe.

Ich will keine 40-Stunden-Plus-Woche, keinen Büroalltag, ohne Zeit zum Leben. Zeit zum Reisen. Ich will keine Karriere machen, sondern flexibel sein. Ich will zu meiner Familie fahren können, wann ich will. Ich will arbeiten, wann gearbeitet werden muss und aufhören, wenn ich fertig bin und nicht, wann die Uhrzeit es mir sagt.

Zumindest nicht jetzt. Doch wie sollte ich mir das finanzieren? Mit meinen zweifelhaften Texterjobs, die ich bisher mache, konnte ich davon nur träumen.

Dann erzählten mir Freunde, dass sie dieses Jahr wieder auf unser Lieblingsfestival fahren wollten, doch ich konnte für dieses Wochenende kein Urlaub beantragen.

Und kurzerhand kaufte ich mir die Tickets.

Als Deadline für mich selbst. Bis zum 1. August musste ich raus sein aus dem Job, basta.

Und dann kam die Panik. Wochenlang raufte ich mir die Haare, rechnete, was ich wirklich zum Leben brauche, bewarb mich auf Anzeigen für Freelancer und bekam meist nicht mal eine Antwort. Doch als ich so gar nicht damit rechnete verhalf mir eine kleine verzweifelte Anfrage nach Tipps in irgend einer x-beliebigen Facebook-Gruppe weiter. Ein Tipp, der mir tatsächlich einen langfristigen Schreibauftrag brachte von dem ich, wenn auch knapp, irgendwie über die Runden komme. Texterin bei einem Online-Reisemagazin, gar nicht so übel.

Ich brauchte 1-2 Wochen, um es zu verarbeiten, dass das jetzt tatsächlich die Chance ist. Ich nahm den Job an und arbeitet parallel, von früh morgens bis abends im Akkord. Ich traute der Sache irgendwie nicht. Aus dem Nichts war die Chance da und nun musste ich sie ergreifen. Also packte ich meinen Mut zusammen und kündigte. Ich kündigte meine unbefristete Festanstellung, ohne die Gewissheit, dass der Auftraggeber nicht morgen sagen wird, dass er keinen Bedarf mehr hat. Aber manchmal braucht es etwas Mut und Hoffnung und alles wird sich zum Guten wenden. Darauf hoffe ich.

Und meinen Mut habe ich mir auch für eine zweite Sachen zusammengenommen. Eine längst überfällige OP. Also sitze ich jetzt hier, frisch aus dem Krankenhaus und schreibe Texte und fühle mich einfach nur sau wohl. Denn ab Ende Juli bin ich dann wirklich frei und arbeite ortsunabhängig.

Wie es weiter geht, welche Pläne ich in den nächsten Monaten habe und ob ich den Schritt bereue – ich halte euch auf dem Laufenden.

19 Kommentare

  • inka

    Gespannt, super gespannt!
    Für Deine Situation war das sicher genau richtig, glaube ich. Wenn alles so unterdurchschnittlich ist, ist das ein Zeichen „wenn nicht jetzt, wann dann“, da glaube ich fest dran. Kennst Du Mrs. Globalicious? Ich will keine Werbung machen, aber sie hat einen Tag vor Dir einen ähnlichen Artikel veröffentlicht den ich eben vor diesem hier gelesen habe. Netzwerken, wie es andere machen, ist bestimmt ne tolle Idee. Und ich weiß es nicht aber ich hab den Eindruck, dass ihr irgendwo eine Wellenlänge haben könntet, denn Ihr habt beide einen journalistischen Hintergrund und könnt toll schreiben.
    Ich glaube an Dich und wünsche dir ganz viel Glück. Und da Du jetzt bald so megaflexibel bist, würde ich mich super freuen, wenn wir es mal auf einen Kaffee schaffen würden. Oder ein Bier am Freitagabend um 21 Uhr. 😉
    Liebe Grüße
    /inka

    • Julia Schattauer

      Oh Inka, vielen Dank für deine Antwort. Und danke für den Tipp mit Mrs. Globalicious, da muss ich ja gleich mal schauen.
      Und yeah, ich bin jetzt für Biere und Kaffee zu allen Uhrzeiten bereit 😉

      Liebe Grüße,

      Julia

  • Ariane

    Wow! Ein toller Text und eine großartige, mutige Entscheidung 🙂 Ich glaube, so oft ist das einzige, das uns von unseren Träumen abhält, wir selbst und unsere Angst davor, zu scheitern. „Einfach machen“ hilft oft weiter! Ich drück dir die Daumen!

  • Claudia G.

    Hi Julia,

    freut mich sehr, dass es geklappt hat. Also war mein Tipp ja einer von den goldrichtigen. 😉
    Ich wünsche Dir viel Glück, Durchhaltevermögen und immer eine geschmeidige Tastatur. Außerdem würde ich wie verrückt über einen Stöberbesuch in meinem kleinen, privaten Traumzauberblog jubeln.

    Liebe Grüße, Claudia

  • Gudrun

    Gut gemacht! Über den Schatten gesprungen und in der Sonne gelandet! Ich bin schon auf weitere Beiträge und den über die Summer Breeze gespannt! Alles Gute!

  • Nina

    Wow, eine mutige Entscheidung. Ich bin wirklich beeindruckt.
    Mir geht es ähnlich wie dir, ich will diesen Büroalltag nicht. Aber noch habe ich mich nicht getraut, ich stehe noch an diesem Abgrund und überlege, ob ich diesen beherzten Sprung wagen kann, ohne zu fallen.

    Liebe Grüße
    Nina

    • Julia Schattauer

      Hallo Nina,
      bei mir hat es auch eine ganze Zeit gedauert und plötzlich ist er da, der Moment an dem man realisiert, dass es jetzt erstmal kein Zurück gibt. Ganz schön beängstigend und gleichzeitg toll!

  • Tanja

    Hallo Julia,

    ich drücke dir fest die Daumen. Bestimmt ist das genau richtig so. Ich mag deine Texte und das Reisemagazin kann sich bestimmt bald nicht mehr vorstellen, ohne dich zu sein!

    Genieß alles was kommt und Augen und zu, da wo es mal hakt. Bestimmt ist es besser, als ein Leben zu führen, von dem man selbst weiß, dass man raus will.

    Ich bin gespannt wie es bei dir weiter geht!

    Alles Liebe
    Tanja

  • Manuel

    Hallo Julia,

    ich freue mich für dich! Ich freue mich, dass du es geschafft hast auszubrechen aus dieser Zeit des Stillstands, in der man Sicherheit eintauscht gegen die Möglichkeit sich selbst zu finden. Ich kenne diese Situation selbst gut, hab ich Sie doch auch grade erst hinter mir. Auch ich war in einem Job, der „eigentlich“ nicht schlecht war, mit dem ich ja „eigentlich“ Leben könnte, weil es schlimmer geht (hier muss gesagt werden, dass ich allerdings bessere Arbeitszeiten hat 😉 ). Aber „eigentlich“ zählt nicht! Was hast du denn schon davon, dass der eigene Job allgemein gesehen „ganz ok“ ist, wenn er für einen selbst einfach nicht das ist, was man sich wünscht. Und „es geht auch schlechter“ ist noch lange kein Ersatz für „das will ich!“. Ich hatte keine Lust mehr einen „Kompromiss“ als Erfüllung anzusehen, scheisse, dafür ist das Leben viel zu kurz;) (und scheinbar siehst du das genau so:) ) Daher habe ich gekündigt und schau mich jetzt ein wenig auf der Welt und dir wünsche ich viel Erfolg mit deinem Weg. Also nochmal: Glückwunsch. Auch zu dem tollen Beitrag!

    Ps.: Ich hoffe deinem Fuß geht es besser!

    • Julia Schattauer

      Ich danke dir Manuel. Jetzt ist es Wirklichkeit geworden und ich habe meinen Abschied im Büro mit gemischten gefühlen gefeiert. Ich bin sehr gespannt was passieren wird und super neugierig auf die nächste Zeit. Langsam muss ich mich mal mit Reiseplänen befassen…

  • Frank

    Hey Julia,
    Ich bewundere Deinen Mut! Viele bleiben doch lieber in der sicheren Anstellung, anstatt die Träume auszuleben.
    Ich wäre für so einen Schritt wohl zu Feige, liegt vielleicht auch daran, dass ich schon zu lange im gewohnten Job arbeite.
    Glückwunsch zu Deiner Entscheidung und viel Erfolg auf Deinem weiteren Weg.

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